Fahranfänger sollen für Gefahren im Straßenverkehr sensibilisiert werden Von Max Brasch
Göttingen (Göttinger Tageblatt vom 4.12.). „Sie sind heute durch den größten Tatort der Bundesrepublik hergekommen“, leitet Jörg Arnecke, Verkehrssicherheitsberater der Polizeiinspektion Göttingen, seien Vortrag vor den Berufsschülern ein. 3200 Verkehrstote habe es in Deutschland im vergangenen Jahr gegeben, also etwa neun jeden Tag. Die größte Risikogruppe sind dabei Fahranfänger.
Um junge Autofahrer über die Gefahren des Straßenverkehrs aufzuklären, hat der Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr (BADS) zusammen mit der Polizeiinspektion Göttingen in der Gewerbeschule BBS II eine Präventionsveranstaltung organisiert. Zu diesem Zweck wurde in der Eingangshalle ein Simulator für das Fahren unter Alkoholeinfluss aufgebaut.
„Verkehrsunfälle passieren nicht, sie werden verursacht,“ so Arnecke. Neben überhöhter Geschwindigkeit seien Ablenkung, sowie Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss die größten Risikofaktoren. Wie sehr ein erhöhter Blutalkoholwert die Fahrtüchtigkeit einschränkt, konnten die Berufsschüler im Simulator des BADS selbst erleben. Bei diesem handelte es sich um einen mit einem Kleinwagen vernetzten Computer. Das Fahrgeschehen wurde auf eine Leinwand vor dem Simulator projiziert. Auf diese Art konnten die Insassen Auto fahren, ohne das Gebäude verlassen zu müssen.
Das Besondere am Simulator war jedoch, dass dieser bestimmte Blutalkoholwerte simulieren konnte. So musste der Fahrer beispielsweise mit einem eingeschränkten Sichtfeld oder einer verzögerten Bremswirkung zurechtkommen. Schnell merkten die teilnehmenden Schüler, wie schwierig es ist, das Auto unter Kontrolle zu behalten. Nicht selten endeten ihre Fahren mit einem virtuellen Unfall. Den Jugendlichen wurde schnell klar, wie sehr Alkohol ihre Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt. Nach der Fahrt im Simulator folgte ein Vortrag von Jörg Arnecke und Oliver Jitschin, Ermittlungsrichter am Amtsgericht Göttingen.
Ein junges, aber stark zunehmendes Problem im Straßenverkehr sei das Smartphone. Telefonieren am Steuer sei wie Fahren mit 0,8 Promille, Nachrichten schreiben wie mit 1,1 Promille, sagte Jitschin. Immer häufiger würden Retter und Polizei zu Verkehrsunfällen kommen, bei denen sich die Unfallursache nur durch die Nutzung eines Smartphones erklären lasse. Bei nur einer Sekunde mit den Augen auf dem Display fährt man bei 50 Kilometern pro Stunde etwa 14 Meter blind. „Handy-Unfälle entwickeln sich zum Killer Nummer 1“, so Arnecke.
Welche Folgen Alkohol, Drogen oder Ablenkung am Steuer haben könnten, wurde den Berufsschülern durch Unfallbeispiele vor Augen geführt. Besonders über Geschichten hinter den vielen Kreuzen an Landstraßen des Göttinger Umlands zeigten sich die Berufsschüler sichtlich bestürzt. Von einem tödlichen Verkehrsunfall seien nicht nur die unmittelbaren Opfer betroffen: Auch Angehörige, Ersthelfer und Zeugen würden oft sehr lange unter dem Geschehenen leiden, erzählte Arnecke. Überlebende hätten oft ihr restliches Leben mit den körperlichen und psychischen Folgen zu kämpfen. So könne jeder Unfall dutzende weitere Betroffene haben.
Jitschin und Arnecke sind seit fünf Jahren im Bereich Unfallprävention engagiert. Im vergangenen Jahr haben etwa 2100 Fahranfänger an ihren Veranstaltungen teilgenommen. Das Projekt an die BBS II geholt hat Jennifer Winter, Mobilitätsbeauftragte der Schule. „Wir können nicht alle Teilnehmer erreichen, aber wenn wir bereits ein paar Unfälle verhindern können, war unsere Arbeit erfolgreich“, sagte Jitschin.